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Mehrskalensysteme

Bearbeiter: K. R. Schneider  


Teilprojekt 1: Stabilitätswechsel   in Mehrskalensystemen  

Kooperation: V. F. Butuzov, N. N. Nefedov (Staatliche Universität Moskau, Russland)

Förderung: DFG: Kooperationsprojekt ,,Singulär gestörte Systeme und Stabilitätswechsel`` deutscher und russischer Wissenschaftler im Rahmen des Memorandum of Understanding zwischen DFG und RFFI

Beschreibung der Forschungsarbeit:

Der zeitliche Verlauf der Reaktionsrate von schnellen bimolekularen Reaktionen in homogenen Medien kann unter gewissen Bedingungen ein sprungartiges Verhalten aufweisen. Wie aus unseren Untersuchungen folgt, treten die Sprünge genau dann auf, wenn bei den zugehörigen assoziierten Systemen ein Stabilitätswechsel vorliegt. Im Berichtsjahr wurde die Frage nach einem räumlichen Sprungverhalten der stationären Reaktionsrate einer schnellen bimolekularen Reaktion in einem räumlich inhomogenen System untersucht. Zu diesem Zweck wurde das folgende Dirichlet-Problem betrachtet:

\parbox {12cm}{
\begin{eqnarray*}
\varepsilon^2 \Delta u & = & f(u,x,\varepsilon...
 ... n} & = & \lambda (x) u \quad \mbox{ für }
\quad x \in \Gamma .\end{eqnarray*}}
  % latex2html id marker 3061
\parbox {1cm}{\begin{eqnarray}\end{eqnarray}}

Dabei ist D ein offenes, beschränktes, einfach zusammenhängendes Gebiet mit glattem Rand $\Gamma$, $\varepsilon$ ist ein kleiner positiver Parameter, und $\partial /\partial n$ bedeutet die Ableitung in Richtung der inneren Normalen von $\Gamma$. Wir nehmen an, dass das ausgeartete Problem f(u,x,0)=0 zwei Lösungen $x=
\varphi_1 (x)$ und $x = \varphi_2 (x) $ besitzt, die sich in einer glatten geschlossenen Jordankurve ${\cal{C}}$ schneiden, die ganz in D liegt, so dass für i=1,2 die Funktionen $f_u (\varphi_i (x),x,0)$ auf ${\cal{C}}$ ihr Vorzeichen wechseln. Diese Annahme ist mit einem Stabilitätswechsel der Equilibria des zugehörigen assoziierten Systems identisch und kann nicht im Rahmen der Standard-Theorie singulär gestörter   elliptischer Systeme behandelt werden. Unter Verwendung der so genannten ,,zusammengesetzten stabilen Lösung`` des ausgearteten Systems, die aus $\varphi_1 (x)$ und $\varphi_2 (x)$besteht, werden asymptotische Ober- und Unterlösungen $\beta (x,\varepsilon)$ und $\alpha (x,\varepsilon)$ konstruiert. Daraus folgt, dass (1) wenigstens eine Lösung besitzt, die der Bedingung $\alpha (x,\varepsilon)
\le \mu(x,\varepsilon) \le \beta (x,\varepsilon)$ genügt und somit der zusammengesetzten stabilen Lösung benachbart ist. Bezeichnen wir mit $D_\delta$ eine $\delta$-Umgebung von ${\cal{C}}$,wobei $\delta$ eine beliebig kleine positive Zahl ist, dann genügen $\alpha (x,\varepsilon)$ und $\beta (x,\varepsilon)$ der Bedingung

\begin{eqnarray*}
\beta (x,\varepsilon) - \alpha (x,\varepsilon) & = & \left\{
\...
 ...l {u}r } & x \in \bar{D} \backslash D_\delta .\end{array} \right.\end{eqnarray*}

Daraus folgt, dass im Übergangsbereich von $\varphi_1 (x)$ zu $\varphi_2 (x)$ die Lösung $u(x,\varepsilon)$ weniger gut durch $\alpha (x,\varepsilon)$ und $\beta (x,\varepsilon)$ approximiert wird. Durch Anwendung dieses Resultates auf spezielle Reaktionssysteme in einem nichthomogenen Medium kann gezeigt werden, dass die Reaktionsrate räumliche Sprünge aufweist.

Projektliteratur:

  1.  V. F. BUTUZOV, N. N. NEFEDOV, K. R. SCHNEIDER, Singularly perturbed elliptic problems in the case of exchange of stabilities , WIAS-Preprint No. 496 , 1999.


Teilprojekt 2: Reduktion   des Zustandsraumes von Mehrskalensystemen

Kooperation: S. Handrock-Meyer (Fakultät für Mathematik der Technischen Universität Chemnitz)

Beschreibung der Forschungsarbeit:

Die Modellierung chemischer Reaktionsprozesse   in homogenen Medien führt im Allgemeinen auf steife Systeme gewöhnlicher Differentialgleichungen mit hoher Dimension. Eine traditionelle Methode zur Reduktion des Zustandsraumes ist die Quasi-Steady-State-Annahme, d. h. die zeitliche Ableitung der schnellen Variablen wird gleich null gesetzt. Dieses Verfahren erfordert eine gute Kenntnis der zugrunde liegenden chemischen Prozesse, bzw. das Differentialgleichungssystem muss die Form eines singulär gestörten Systems besitzen.

Im vorliegenden Projekt gehen wir von mathematischen Modellen der Gestalt

  \begin{eqnarray}
\frac{dx}{dt} & = & f(t,x,\lambda)\end{eqnarray}

aus und entwickeln eine mathematisch fundierte Methode, die eine lokale und zeitabhängige Reduktion des Zustandsraumes gestattet, ohne die oben erwähnten Vorkenntnisse vorauszusetzen. Der Algorithmus basiert auf einer Schur-Dekomposition von Jakobi-Matrizen und einem geeigneten Splitting ihrer Spektren. Zur Rechtfertigung des Splittings, das letztlich auf eine Darstellung von (1) in Form eines singulär gestörten Systems führt, wird ein Satz über die Existenz einer invarianten Mannigfaltigkeit für singulär gestörte Systeme verwendet, der für die betrachtete Systemklasse bewiesen wird. Daneben wird ein vereinfachter Algorithmus dargestellt und auf konkrete Systeme (z. B. Belousov-Zhabotinskii-Reaktion) erfolgreich angewendet.

Projektliteratur:

  1.  S. HANDROCK-MEYER, K. R. SCHNEIDER, Local state space reduction of multi-scale systems , WIAS-Preprint No. 532 , 1999.

 


Teilprojekt 3: Sensitivität innerer Schichten in singulär gestörten   Problemen

weiterer Bearbeiter: A. Bohé

Kooperation: I. Bremer (FG 4)

Beschreibung der Forschungsarbeit:

Wir betrachten das Dirichlet-Problem für singulär gestörte Differentialgleichungen zweiter Ordnung

\parbox {13cm}{
\begin{eqnarray*}
\varepsilon x'' & = & f(t,x,x'),\ \hspace{0.5cm} c<t<d, \ x(c) & = & A,\hspace{1cm} x(d)= B,\end{eqnarray*}}
  % latex2html id marker 3069
\parbox {1cm}{\begin{eqnarray}\end{eqnarray}}

wobei f hinreichend glatt und $\varepsilon$ ein hinreichend kleiner positiver Parameter ist. Wir nehmen an, dass (1) eine Lösung mit einer inneren Schicht besitzt, deren Lage nicht durch die klassische Rankine-Hugoniot Bedingung bestimmt wird. In diesem Fall kann sich die Lage der inneren Schicht schnell ändern, falls A und B nur wenig variiert werden. Probleme dieser Art treten u. a. bei der stationären Burgers-Gleichung und bei Supersonic-Subsonic-Stößen auf.

Es wird vorausgesetzt, dass die Gleichung f(t,x,y)=0 im (t,x,y)-Phasenraum eine Mannigfaltigkeit S besitzt, die aus attrahierenden (fy < 0) und abstoßenden (fy >0) Teilmannigfaltigkeiten besteht. Unter Verwendung der Theorie invarianter Mannigfaltigkeiten und von Methoden der Nichtstandard-Analysis wird das Problem der supersensitiven Abhängigkeit   der inneren Schicht   von den Randdaten untersucht. Es wird ein Verfahren zur Berechnung asymptotischer Entwicklungen in $\varepsilon$ sowohl der Lösung als auch der Randdaten abgebildet und mittels MAPLE implementiert. Die Anwendung auf das Beispiel $f(t,x,x')=-2xx'+e^t , \ x(0)=-1, \ x(1)=B\simeq \sqrt{e}$liefern die in Abb. 1 dargestellten Resultate.


 
Abb. 1:   Das linke Bild zeigt sieben Stoßschichten im (t,x,x')-Raum für obiges Beispiel, das rechte Bild stellt interne Schichten dar, die für elf Werte von B berechnet wurden, die sich nur sehr wenig von $\sqrt{e}$ unterscheiden.
\makeatletter
\@ZweiProjektbilderNocap[h]{0.48\textwidth}{fig2_ab_1.ps.gz}{fig2_ab_2.ps}
\makeatother

Für den autonomen Fall

  \begin{eqnarray}
\varepsilon x'' = (g(x) + \delta ) f(x')\end{eqnarray}

werden Bedingungen über das Verhalten von f für große Werte von x abgeleitet, so dass (2) entweder eine algebraische oder eine exponentielle Sensitivität der inneren Schicht gegenüber Änderungen der Dirichlet-Daten aufweist.

Projektliteratur:

  1.  A. BOH´E, Free layers in a singularly perturbed boundary value problem, SIAM J. Math. Anal., 21 (1990), pp. 1264-1280.
  2.  \dito 
, The existence of supersensitive boundary value problems, Methods and Applications of Analysis, 3 (1996), pp. 1-17.
  3.  \dito 
, The shock location for a class of sensitive boundary value problems, J. Math. Anal. Appl., 235 (1999), pp. 295-314.
  4.  \dito 
, Exponentially sensitive internal layers solutions of one side and their asymptotic expansions, in Vorbereitung.
  5.  \dito 
, Supersensitive and metastable solutions for a Burgers type equation, eingereicht.



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