Bearbeiter: G. Albinus, J. A. Griepentrog
Kooperation: G. Wachutka, Lehrstuhl für technische Elektrophysik, TU München,
K. Gärtner, Institut für Integrierte Systeme, ETH Zürich,
B. Heinemann, Institut für Halbleiterphysik Frankfurt (Oder) GmbH,
U. Todt, Fraunhofer-Institut für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme, Dresden
Beschreibung der Forschungsarbeit:
Ziel des Projektes ist die selbstkonsistente Temperaturberechnung in Halbleiterbauelementen auf der Grundlage phänomenologischer Energiemodelle. Solche Modelle werden durch ein System von vier partiellen Differentialgleichungen beschrieben. Das System besteht aus der Poissongleichung für das elektrostatische Potential und aus drei Transportgleichungen für den Elektronen- und Löchertransport sowie für die Wärmeleitung. Auf Grund der Zustands- und Stromgleichungen ist das System ausgeprägt nichtlinear. Erfahrungen mit dem Drift-Diffusionsmodell und auch mit dem Energiemodell zeigen, daß die Berücksichtigung der thermodynamischen Struktur der Prozesse von großer praktischer Bedeutung für die numerische Simulation ist. Unter diesem Gesichtspunkt ist der Übergang vom Drift-Diffusionsmodell zum Energiemodell eine wesentliche Veränderung, die sich keineswegs in dem quantitativen Aspekt einer zusätzlichen parabolischen Gleichung erschöpft.
In dem Berichtszeitraum wurde ein formaler thermodynamisch motivierter Zugang zum Energiemodell mit Methoden der konvexen Analysis funktionalanalytisch begründet. Insbesondere wurde ein neuer Zugang gefunden, der dem Gummel-Schema für das Drift-Diffusionsmodell entspricht.
Die Bilanzgleichungen für die Ladungsträgerdichten n und p und für die Dichte u der inneren Energie des Systems, das aus dem Gitter und Ladungsträgern besteht, werden dabei in der Form
geschrieben. Dabei ist eine symmetrische positiv definite
Matrix, deren Elemente ebenso wie die Nettorekombinationsrate R oder
das elektrostatische Potential
abhängige Zustandsgrößen
sind. Das konjugierte thermodynamische Potential
eines entropieartigen konvexen thermodynamischen
Potentials
ist ein konvexes
schwach
-unterhalbstetiges Funktional auf dem affinen Banachraum
, das auf der physikalisch sinnvollen offenen Umgebung
von
der Zustandsvektoren
mit
strikt positiver reziproker Temperatur
F-differenzierbar ist
mit Werten
. Auch die Stromterme und die Nettorekombinationsrate
definieren einen parameterabhängigen strikt monotonen
Potentialoperator
des affinen Banachraumes in
. Das zeitlich diskretisierte Anfangswertproblem für die
Gleichung (1) ist somit eine endliche Folge von
Extremalproblemen
für schwach-unterhalbstetige konvexe Funktionale auf
. Für
Lösungen
gelten die a priori Abschätzungen
(). Diese a priori Abschätzungen bilden zusammen mit Eigenschaften des
Funktionals
eine aussichtsreiche Perspektive für die
Untersuchung von Existenz und Eindeutigkeit sowohl des
Anfangswertproblems für die Gleichung (1) auf Grund der
Konvergenz der Rotheschen Methode als auch für die numerische
Behandlung. Analoge Resultate gelten auch für ein modifiziertes
Energiemodell, in dem n, p und die Dichte
der
Gesamtenergie bilanziert werden. Dann ist die Entropie
des Systems ein konkaves Funktional. Die konjugierten Variablen
bezüglich n und p weichen in diesem Falle etwas von den
traditionellen Vorstellungen ab, und die Modifikation des
Energiemodells besteht darin, in den Stromgleichungen die
Gradienten der konjugierten Variablen zu verwenden
(vgl. [4]).
Diese Untersuchungen enthalten noch eine Fülle von Problemen für partielle Differentialgleichungen. Solche Untersuchungen wurden im Berichtszeitraum ebenfalls im Rahmen des Projektes bearbeitet. Das stationäre Problem eines etwas vereinfachten Energiemodells mit den Gleichungen
für die Quasi-Ferminiveaus -v und w der Elektronen
bzw. Löcher, für das elektrostatische Potential und für
die Temperatur T wird untersucht. In [8] wird unter gemischten Randbedingungen
und unter milden Glattheitseigenschaften der orts- und
temperaturabhängigen Koeffizienten die
Existenz und Eindeutigkeit von Lösungen in Gleichgewichtsnähe
bewiesen. Die Grundlage bildet eine Anwendung des Satzes über
implizite Funktionen. Die dafür erforderlichen Regularitätseigenschaften
werden unter Verwendung von sog. Sobolev-Campanato-Räumen (vgl. [9])
gewährleistet; das sind Räume von Funktionen
, deren
partielle Ableitungen erster Ordnung zu gewissen Campanato-Räumen gehören.
Die Ergebnisse sollten über den Rahmen der Halbleitergleichungen hinaus überall dort von Interesse sein, wo die Temperatur oder eine äquivalente Zustandsgröße eine dynamische Variable ist und evtl. eine nicht-lokale Wechselwirkung wie die elektrostatische auftritt, z. B. bei Reaktions-Diffusionsprozessen, die mit starker Wärmeentwicklung verbunden sind oder unter starkem Energieverbrauch ablaufen.
Projektliteratur: