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Stochastische Dynamik

Bearbeiter: A. Bovier , B. Gentz  

Kooperation: N. Berglund (School of Physics, Georgia Tech, Atlanta, USA), V. Gayrard (CPT-Marseille, Frankreich), M. Klein, M. Eckhoff (Universität Potsdam)

Beschreibung der Forschungsarbeit: Die im Jahresforschungsbericht 1998 beschriebene Thematik der stochastischen Dynamik wurde 1999 intensiv weiterbetrieben und als thematischer Schwerpunkt ausgebaut, wobei sich sowohl eine Reihe neuer Resultate als auch zahlreiche neue Anwendungsperspektiven eröffnet haben.

  Zunächst wurde in [1] für eine sehr große Klasse von Markov-Prozessen, die die in [2] behandelten reversiblen Prozesse als Spezialfall enthalten, ein  Prinzip Großer Abweichungen im Pfadraum bewiesen. Die wesentliche Schwierigkeit, derentwegen bekannte Resultate nicht ohne weiteres greifen, liegt in fehlenden Regularitätsvoraussetzungen an den Rändern sowie, zum geringeren Teil, an expliziten Abhängigkeiten von Übergangswahrscheinlichkeiten vom kleinen Parameter des Problems.

Ganz erhebliche Fortschritte für den in [2] behandelten reversiblen Fall wurden in Richtung auf ein besseres Verständnis des Zusammenhangs zwischen der Spektraltheorie einerseits und dem Phänomen der Metastabilität  andererseits erhebliche Fortschritte erzielt. Diese betreffen auf abstraktem Niveau ganz allgemein Markov-Ketten, deren Zustandsraum in Gebiete zerfällt, zwischen denen Übergänge sehr unwahrscheinlich sind, während andererseits ausgezeichnete Punkte in jedem Gebiet stets ,,sehr schnell`` besucht werden. Unter zusätzlichen Generizitätsannahmen kann dann jedem solchen Gebiet eine ,,metastabile`` Austrittszeit $\tau_i$ zugeordnet werden, welche dann mit großer Genauigkeit als Inverse eines der Eigenwerte der Übergangsmatrix identifiziert wird. Insgesamt wird damit dem Spektrum der Übergangsmatrix nahe bei eins eine präzise physikalische Interpretation gegeben. Im konkreten Fall von diskreten Diffusionsprozessen in einem ,,multi-well``-Potential, wie sie in [2] behandelt wurden, können dann mittels der spezifischen Resultate aus [2] sehr genaue Abschätzungen für alle diese Größen als Funktion des Potentials gegeben werden. Darüber hinaus lassen sich dann äußerst scharfe Abschätzungen an die Verteilungsfunktion der Austrittszeiten herleiten. Eine Veröffentlichung dieser Ergebnisse ist in Vorbereitung ([3]).

Wie sich herausstellt, sind Resultate dieser Art von erheblichem Interesse bei der numerischen Behandlung von Problemen der Molekulardynamik , wie sie am Konrad-Zuse-Zentrum für Informationstechnik Berlin (ZIB) behandelt werden ([4]). Es wird daher geplant, die bisher erhaltenen Resultate unter in solchen Situationen natürlichen Annahmen zu verallgemeinern. Hierzu bestehen inzwischen Kontakte mit entsprechenden Arbeitsgruppen am ZIB.


Ebenfalls von erheblichem praktischem Interesse sind Dynamische Systeme mit langsam variierendem Parameter unter dem Einfluss stochastischer Störungen.   Dabei sind solche Systeme von besonderem Interesse, bei denen das ungestörte System interessante Effekte wie  Bifurkationen und  Hysterese aufweist. Während hier die Einflüsse der Zeitabhängigkeit auf das singuläre Verhalten in einigen Fällen recht genau untersucht sind ([5]), ist über das Zusammenspiel mit stochastischen Störungen wenig bekannt. Zunächst haben wir am Beispiel einer dynamischen Pitchfork-Bifurkation $\varepsilon \dot x_t=f(x_t,t)$ den Einfluss eines kleinen additiven Rauschens auf dynamische Bifurkationen untersucht. Dabei lässt sich die Lösung der zugehörigen stochastischen Differentialgleichung  (SDGL)

\begin{displaymath}
d\,x_t=\frac{1}{\varepsilon}f(x_t,t)\, dt+
\frac{\sigma}{{\sqrt\varepsilon}}\, dW_t, 
\qquad t\in[-T,T],\end{displaymath}

pfadweise kontrollieren. Es zeigt sich, dass für kleines Rauschen die Lösung der SDGL bis zu einer Zeit der Ordnung $\sqrt\varepsilon$mit hoher Wahrscheinlichkeit in einer kleinen Umgebung der Lösung des entsprechenden deterministischen Systems liegt. Danach zeigt sich, dass die zufällige Störung die im deterministischen Fall auftretende so genannte Bifurkationsverzögerung  zerstört, sofern das Rauschen nicht exponentiell klein ist. Bereits nach einer Zeit der Ordnung $(\varepsilon\left\vert\log\varepsilon\right\vert)^{1/2}$ folgen die Lösungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einem der Gleichgewichtszweige.

Im Weiteren sollen mit den entwickelten Methoden Hysterese-Effekte und stochastische Resonanz  untersucht werden.

Projektliteratur:

  1.  A. BOVIER, V. GAYRARD, Sample path large deviations for Markov processes with slowly varying transition probabilities, WIAS-Peprint No. 487, 1999.
  2.  A. BOVIER, M. ECKHOFF, V. GAYRARD, M. KLEIN, Metastability in stochastic dynamics of disordered mean-field models, WIAS-Preprint No. 416, 1998, erscheint in: Probab. Theory Related Fields (2000).
  3.  \dito 
, Metastability and low-lying eigenvalues for Markov chains, in Vorbereitung.
  4.  CH. SCHÜTTE, Conformational dynamics: Modelling, theory, algorithm, and application to biomolecules, Preprint Konrad-Zuse-Zentrum für Informationstechnik Berlin (ZIB) SC 99-18, 1999.
  5.  N. BERGLUND, Adiabatic dynamical systems and hysteresis, Dissertation, EPF Lausanne, 1998.


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