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Globale Eigenschaften von Paardiffusionsmodellen

Bearbeiter: A. Glitzky , R. Hünlich  

Kooperation: W. Merz (Technische Universität München)

Förderung: DFG: ,,Analytische Untersuchungen von Elektro-Reaktions-Diffusionsgleichungen mit nichtglatten Daten``

Beschreibung der Forschungsarbeit: Die im vergangenen Jahr begonnenen Untersuchungen zu Paardiffusionsmodellen  (vgl. [3]) wurden fortgesetzt, wobei jetzt auch spezielle Fälle von Heterostrukturen  diskutiert wurden. Wir betrachten m Spezies Xi, von denen nur die ersten l als diffundierend angenommen werden, und bezeichnen mit $\psi$ das chemische Potential der Elektronen, $p_i(\cdot,\psi)$ sind geeignet gewählte vom Ort und von $\psi$ abhängende Referenzdichten, die gemäß

\begin{displaymath}
p_i(x,\psi)=p_{i0}(x)\mbox{e}^{-P_i(\psi)},~P_i(\psi)=\int_0^\psi
Q_i(s)\,\mbox{d} s\end{displaymath}

mit den Ladungszahlen $Q_i(\psi)$ zusammenhängen. Da die Teilchendichten ui der diffundierenden Spezies nun nicht mehr zu $H^1(\Omega)$ gehören (sie liegen lediglich im dualen Raum), werden die Gleichungen in den chemischen Aktivitäten bi=ui/pi0 formuliert, die weiterhin H1-Größen sein sollen. Die Modellgleichungen enthalten m Kontinuitätsgleichungen  gekoppelt mit einer nichtlinearen Poissongleichung  und sehen wie folgt aus:
\begin{displaymath}
\left.
\begin{array}
{rcll}
\displaystyle\frac{\partial u_i}...
 ...ystyle \text{in } \Omega,~ i=1,\dots,m.\end{array}\quad\right\}\end{displaymath} (1)
Dabei ist $\varepsilon$ die Dielektrizität, f eine fixierte Ladungsdichte, und $-e(\cdot,\psi)$ ist die Ladungsdichte der Elektronen und Löcher. Für die ersten l Spezies (Punktdefekte und Dotand-Defekt-Paare) nehmen wir diffusiven und konvektiven Transport an, der durch den Stromausdruck

\begin{displaymath}
j_i=-D_i(\cdot,b,\psi)p_{i0}\big[\nabla b_i+Q_i(\psi)\,
b_i\nabla\psi\big],~
i=1,\dots,l,\end{displaymath}

gegeben ist. Ein Beispiel für die $\psi$-Abhängigkeit der betrachteten Diffusionskoeffizienten Di sowie der Ladungen Qi ist für verschiedene Prozesstemperaturen in Abb. 1 dargestellt. In allen Kontinuitätsgleichungen treten Volumenquellterme auf, die durch Reaktionen  der Form

\begin{displaymath}
\alpha_1X_1+\dots+\alpha_mX_m\rightleftharpoons
\beta_1X_1+\dots +\beta_mX_m\end{displaymath}


 
Abb. 1: Phosphor-Interstitial-Paare in Silizium: Diffusionskoeffizient (links) und Ladungszahl (rechts) als Funktion des chemischen Potentials $\psi$ bei verschiedenen Temperaturen (nach [1]).

\ProjektEPSbildNocap {\textwidth}{fb99_hue_bild1.eps}

entstehen, wobei $\alpha,\,\beta\in \IZ^m_+$die Vektoren der stöchiometrischen Koeffizienten bezeichnen. Die entsprechenden Reaktionsraten $R_{\alpha\beta}^\Omega$ lauten gemäß dem Massenwirkungsgesetz 

\begin{displaymath}
R_{\alpha\beta}^\Omega(x,b,\psi)=
k^\Omega_{\alpha \beta}(x,...
 ...\Omega,~
b\in\IR^m_+,~\psi\in\IR,~ a_i=b_i\mbox{e}^{P_i(\psi)}.\end{displaymath}

Gemeint sind damit verschiedene Paarbildungs- und Generations-Rekombinationsreaktionen. Für alle nicht diffundierenden Spezies Xi (Dotanden) wird die Existenz einer Reaktion der Form
\begin{displaymath}
R_{\alpha\beta}^\Omega=k^\Omega_{\alpha \beta}
\big[\prod_{j=1}^l a_j^{\alpha_j}-a_i^2\big]\end{displaymath} (2)
vorausgesetzt (Generation-Rekombination verschiedener Dotand-Defekt-Paare). Zwischen den diffundierenden Spezies Xi, $i=1,\dots,l$, können zusätzlich Randreaktionen mit Reaktionsraten

\begin{displaymath}
R_{\alpha\beta}^\Gamma(x,b_1,\dots,b_l,\psi)=
k^\Gamma_{\alp...
 ...1}^l a_i^{\beta_i}\Big],~
x\in\Gamma,~ b\in\IR^l_+,~\psi\in\IR,\end{displaymath}

auftreten. Die kinetischen Koeffizienten Di, $k^\Omega_{\alpha \beta}$ und $k^\Gamma_{\alpha \beta}$hängen außer von $\psi$ noch vom Ort und vom Zustand selbst (beschrieben durch den Vektor $b=(b_1,\dots,b_m)$) ab.

Die in [3] benutzten Methoden zu energetischen Abschätzungen  können für den betrachteten Fall von Heterostrukturen adaptiert werden, was auf die folgenden Resultate führt: Das Problem (1) besitzt einen durch $\int_\Omega(u^*-U)\,\mbox{d}x\in \mbox{span}\{\alpha-\beta\}$eindeutig bestimmten stationären Zustand $(u^*,b^*,\psi^*)$. Die freie Energie 

\begin{displaymath}
F(u)=\int\Big\{\frac{\varepsilon}{2}\vert\nabla\psi\vert^2+g...
 ...[\ln{\frac{u_i}{p_{i0}}}-1\big]+p_{i0}\big\}\Big\}
\,\mbox{d}x,\end{displaymath}

wobei $g(\cdot,\psi)=e(\cdot,\psi)\psi-\int_0^\psi e(\cdot,s)\,\mbox{d}s$und $\psi$ die eindeutig bestimmte Lösung der Poissongleichung zu u ist, ist entlang von Lösungen von (1) beschränkt und fällt monoton und exponentiell gegen ihren Gleichgewichtswert F(u*). Diese energetischen Abschätzungen bilden die Grundlage für weitere a priori-Abschätzungen  für Lösungen von (1).

Unter der für Paardiffusionsmodelle erfüllten Voraussetzung, dass die Quellterme aus den Volumenreaktionen maximal zweiter Ordnung sind, haben wir im räumlich zweidimensionalen Fall die Existenz globaler oberer Schranken für die Teilchendichten ui nachgewiesen. Dazu werden zunächst die $L^\infty(\IR_+,L^2(\Omega))$- und $L^\infty(\IR_+,L^4(\Omega))$-Normen der chemischen Aktivitäten bi abgeschätzt. Hier verwenden wir die Voraussetzung (2) und Folgerungen aus dem exponentiellen Fallen der freien Energie entlang von Lösungen von (1), um die aus der Drift und den Reaktionen resultierenden Terme zu kontrollieren. Eine anschließende Moser-Iteration  liefert für die diffundierenden Spezies globale obere Schranken für die chemischen Aktivitäten bi und Teilchendichten ui, mit deren Kenntnis schließlich auch die entsprechenden Schranken für die nicht diffundierenden Spezies gewonnen werden.

Für strikt positive Anfangswerte haben wir globale positive untere Schranken für die chemischen Aktivitäten bi und Teilchendichten ui hergeleitet. Von der Länge des Zeitintervalls abhängende Abschätzungen $\Vert\ln{b_i}\Vert _{L^\infty(0,T;L^\infty(\Omega))}\le c_T$sichern zunächst die Zulässigkeit von Testfunktionen der Form

\begin{displaymath}
-\big(1-\frac{b_i^*}{b_i}\big)^-\mbox{ bzw. }
-p\,\mbox{e}^t\frac{(\ln b_i+K)^{p-1}}{b_i},\quad p\ge 2,\quad K\ge 0.\end{displaymath}

Die erste Testfunktion führt für $i=1,\dots,l$ auf $\Vert\ln{b_i}\Vert _{L^\infty(\IR_+;L^1(\Omega))}\le c$, mittels der zweiten Testfunktion und Moser-Iteration gelangen wir zu positiven globalen unteren Schranken für die chemischen Aktivitäten bi, $i=1,\dots,l$.Hieraus können aufgrund der vorhandenen Reaktion (2) die entsprechenden Resultate für die nicht diffundierenden Spezies gewonnen werden.

Mit Hilfe der a priori-Abschätzungen und des exponentiellen Fallens der freien Energie haben wir weitere Aussagen zum asymptotischen Verhalten  von Lösungen des Paardiffusionsmodells (1) erhalten. Insbesondere nähern sich die Teilchendichten ui, die chemischen Aktivitäten bi und das chemische Potential der Elektronen $\psi$ in jeder Lp-Norm exponentiell ihrem Gleichgewichtswert. Aufgrund von Regularitätsaussagen für elliptische Gleichungen gilt die Asymptotik für $\psi$ auch in der $L^\infty$-Norm. Für die ausführliche Diskussion der hier vorgestellten Paardiffusionsmodelle verweisen wir auf [2].

Aussagen zur Lösbarkeit von (1) sind Gegenstand aktueller Untersuchungen, Resultate für den Fall einer homogenen glatt berandeten Struktur sind in [4] zu finden.

Projektliteratur:

  1.  K. GHADERI, G. HOBLER, Simulation of phosphorus diffusion in silicon using a pair diffusion model with a reduced number of parameters, J. Electrochem. Soc., 142 (1995), pp. 1654-1658.
  2.  A. GLITZKY, R. HÜNLICH, Global properties of pair diffusion models, in Vorbereitung.
  3.  R. HÜNLICH, A. GLITZKY, On energy estimates for electro-diffusion equations arising in semiconductor technology, in: Partial differential equations. Theory and numerical solution (W. Jäger, J. Necas, O. John, K. Najzar, J. Stará, Hrsg.), Research Notes in Mathematics, 406, Chapman & Hall/CRC, Boca Raton, 2000, pp. 158-174.
  4.  W. MERZ, A. GLITZKY, R. HÜNLICH, K. PULVERER, Strong solutions for pair diffusion models in homogeneous semiconductors, Preprint SFB-438-9921, SFB 438, TU München, Univ. Augsburg, 1999.


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