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Modellierung, Analysis und Numerik von Prozessen in optischen Kommunikationssystemen

Bearbeiter: U. Bandelow, R. Lauterbach, D. Peterhof, L. Recke, B. Sandstede  

Kooperation: J. C. Alexander, M. N. Grillakis (Department of Mathematics, University of Maryland, USA), C. K. R. T. Jones (Division of Applied Mathematics, Brown University, USA), E. Patzak, B. Sartorius (Heinrich-Hertz-Institut für Nachrichtentechnik Berlin), H.-J. Wünsche (Institut für Physik der Humboldt-Universität zu Berlin)

Förderung: DFG, Schwerpunktprogramm ,,Strukturbildung in dissipativen Systemen: Experiment und Theorie im qualitativen Vergleich``

Feodor-Lynen Stipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung

Beschreibung der Forschungsarbeit:

In optischen Kommunikationssystemen werden optische Fasern benutzt, um Bit-Pakete schnell und zuverlässig über lange Distanzen hinweg übertragen zu können. Der Einsatz optischer Fasern in transatlantischen Kommunikationssystemen hängt wesentlich davon ab, ob der auftretenden Dämpfung entgegengewirkt werden kann und Signale somit ungestört übermittelt werden. Zugleich sollten die einzelnen Informationsbits im Signal möglichst dicht aufeinanderfolgen. Um optische Fasern optimal ausnutzen zu können, sollten die Bit-Pakete im Empfänger mit optischen anstatt mit elektronischen Komponenten regeneriert werden. Dazu müssen unter anderem Modulations- und Trägerfrequenzen des Signals zurückgewonnen und anschließend die Frequenz der optischen Empfänger-Komponente synchronisiert werden.

1. Übertragung von Pulspaketen in optischen Fasern mit Phasen-sensitiven Verstärkern

In [4] wurde vorgeschlagen, phasensensitive Verstärker zu benutzen, um eine ungestörte Übertragung von Signalen in optischen Fasern zu garantieren. Weiterhin wurde in [4] formal eine Modellgleichung zur Beschreibung optischer Fasern unter dem Einfluß derartiger Verstärker hergeleitet und die Existenz eines stabilen 1-Pulses für sehr kleine Verstärkerdistanzen gezeigt. Der 1-Puls entspricht der Übertragung eines einzelnen Informationsbits.

Wir haben zunächst in [1] gezeigt, daß der 1-Puls tatsächlich stabil über einen großen Parameterbereich hinweg ist. Interessant sind dann Existenz und Stabilität von N-Pulsen, die der Übertragung mehrerer Informationsbits entsprechen. Motiviert durch dieses Problem wurde in [8] erstmals die Stabilität derartiger Lösungen untersucht, und es wurden allgemeine Kriterien entwickelt, die Stabilität garantieren. Anschließend haben wir in [9] für die Modellgleichung die Existenz von stabilen N-Pulsen für jedes N nachgewiesen. Dazu haben wir sogenannte reversible Orbit-flip Verzweigungen in einem abstrakten Kontext untersucht und das Resultat dann konkret auf die Modellgleichung angewendet. Sämtliche Voraussetzungen konnten analytisch für die Modellgleichung nachgewiesen werden. Stabilität der N-Pulse wurde mit der in [8] entwickelten Methode gezeigt. Zuletzt wurde die Modellgleichung mit numerischen Simulationen außerhalb des Parameterbereiches untersucht, in dem unsere analytischen Resultate gültig sind.

2. Regeneration von optischen Signalen mit Hilfe von Halbleiterlasern

Die Regeneration eines optischen Signales bedarf eines Entscheiderbauelementes, das den Takt des Signales erkennt und im richtigen Moment die Information abfragt. Eine optoelektronische Lösung dieser Aufgabenstellung wurde von Sartorius et al. am Heinrich-Hertz-Institut vorgeschlagen. Sie beruht auf den Selbstpulsationen, die kürzlich in Mehrsektions-DFB-Halbleiterlasern gefunden wurden. Wir untersuchen mathematische Modelle (Randwertprobleme für hyperbolische Systeme erster Ordnung; gewöhnliche Differentialgleichungen, deren rechte Seiten implizit durch Sturm-Liouville Eigenwertprobleme gegeben sind), die das dynamische Verhalten von gerade diesen Mehrsektions-DFB-Halbleiterlasern beschreiben. Aus Sicht der Mathematik führt das Problem der Rückgewinnung der Signale auf Locking-Phänomene und erzwungene Symmetriebrechungen von rotierenden oder modulierten Wellen.

Im Laufe des letzten Jahres wurde die betrachtete Modellklasse durch Hinzunahme einer zusätzlichen Phasensteuersektion und die Berücksichtigung thermischer Effekte erweitert.

Dabei wurden folgende Themen bearbeitet:

Selbstpulsationen. Selbstpulsationen sind modulierte Wellen, die durch Hopf-Bifurkationen aus rotierenden Wellen entstehen. Wesentliche Charakteristika dieser Lösungen wurden beschrieben, so zum Beispiel der Bereich der Laserparameter, in dem die Selbstpulsationen auftreten, ihre Träger- und Repetitionsfrequenz, sowie ihre Amplitude und Stabilität. Vergleiche zwischen experimentellen und numerischen Ergebnissen, die von den Kooperationspartnern angestellt wurden, ergaben eine sehr gute Übereinstimmung.

Taktrückgewinnung. Aus mathematischer Sicht geht es hierbei um die Synchronisation der modulierten Welle unter Einwirkung einer externen, die Symmetrie und die Autonomie brechenden Störung vom gleichen Typ. Wir haben die Locking-Bereiche im Raum der Laser- und Signalparameter, sowie die Anzahl und die Stabilität der synchronisierten Lösungen analytisch beschrieben. Eine numerische Realisierung der entsprechenden Algorithmen ist derzeitig in Arbeit.

Erzeugung von Laserpulsationen durch Injektion optischer Signale mit zeitlich konstanter Intensität. Die rotierenden Wellen werden durch externe Signale gleichen Typs gestört, die die Symmetrie, aber nicht die Autonomie des Systems brechen. Dabei entstehen synchronisierte rotierende bzw. modulierte Wellen. Zu diesem Thema wurden sowohl analytische Untersuchungen als auch numerische Simulationen durchgeführt.

Singularitäten. Die bisher bekannten Selbstpulsationen treten offenbar nur in der Nähe von komplizierten Singularitäten auf. Physikalisch gesehen handelt es sich um die Überlagerung zweier ,,erster Laserschwellen`` mit gleichen optischen Frequenzen. In den mathematischen Modellen treten diese Überlagerungen als Singularitäten der Kodimension drei (-äquivariante Hopf-Bifurkation mit zweifachem, nicht halbeinfachem Eigenwertpaar) auf. Deshalb ist zu erwarten, daß solche Selbstpulsationen nur bei Bauelementen mit mindestens drei einstellbaren Parametern stabil ansteuerbar sind. Diese qualitative Erkenntnis wurde durch die Experimente am Heinrich-Hertz-Institut bestätigt. Dort wurde eine zusätzliche ,,Phasensteuersektion`` in einem Zweisektions-DFB-Laser integriert, um durch Feinabstimmung des Stromes in der zusätzlichen Sektion eine Reproduzierbarkeit der Selbstpulsationen zu erreichen.

Normalform und versale Deformation der Kodimension drei Singularität wurden aufgestellt. Derzeit wird an der physikalischen Identifikation der Parameter und an der vollständigen Beschreibung der Dynamik nahe der Singularität gearbeitet.

Approximationen mit zeitabhängigen Moden. Ziel dieser Betrachtungen ist die Reduktion der partiellen Differentialgleichung auf eine gewöhnliche Differentialgleichung. Die rechte Seite der ODE wird allerdings implizit durch Sturm-Liouvillesche Randwertprobleme definiert. Dabei wird benutzt, daß die gekoppelten Wellengleichungen lineare Gleichungen für die komplexen Feldamplituden sind, deren Koeffizienten von den Ladungsträgerdichten abhängen. Folglich bietet sich eine Entwicklung der komplexen Feldamplituden nach entsprechenden Eigenfunktionen und beigeordneten Eigenfunktionen an. Diese hängen allerdings von den Ladungsträgerdichten und damit parametrisch von der Zeit ab.

Auf dieser Grundlage wurde das Programmpaket AUTO mit einem Programm zur Berechnung der implizit gegebenen rechten Seiten verknüpft und auf Zwei- und Dreisektionslaser angewendet.

Die genannten Arbeiten vertiefen das Verständnis der komplexen internen Dynamik dieser Bauelemente. Dadurch können wir unsere Modelle den sich abzeichnenden neuen Anwendungen (schnelles Schalten, schnelle elektrisch-optische Signalwandlung, Solitonenerzeugung) anpassen und neue Aufgabenfelder erschließen. Sowohl das ursprüngliche Ziel der Datenregeneration, wie auch diese neuen Probleme bedürfen intensiver zukünftiger Arbeit.

Projektliteratur:

  1.   J. C. ALEXANDER, M. N. GRILLAKIS, C. K. R. T. JONES, B. SANDSTEDE, Stability of pulses on optical fibers with phase-sensitive amplifiers, erscheint in: Z. Angew. Math. Phys.
  2.   U. BANDELOW, H. J. WÜNSCHE, B. SARTORIUS, M. MÖHRLE, Dispersive self-Q-switching in DFB Lasers - Theory versus Experiment, erscheint in: Proceedings of 15th IEEE Int. Semiconductor Laser Conference, eingereicht bei: IEEE Journal of Quantum Electronics.
  3.   U. BANDELOW, H.-J. WÜNSCHE, R. SCHATZ, A correct single-mode photon rate equation for multi-section lasers, IEEE Photon. Technol. Lett., Vol. 8 (1996), pp. 614--617.
  4.   J. N. KUTZ, C. V. HILE, W. L. KATH, R.-D. LI, P. KUMAR, Pulse propagation in nonlinear optical fiber-lines that employ phase-sensitive parametric amplifiers, J. Opt. Soc. Am. B 11 (1994), pp. 2112--2123.
  5.   D. PETERHOF, L. RECKE, B. SANDSTEDE, On frequency locking of self-pulsating two-section DFB lasers, in ``Self-Organization in Activator-Inhibitor-Systems: Semiconductors, Gas-Discharge and Chemical Active Media'', Contributions to the 157 WE-Heraeus-Seminar, H. Engel, F.-J. Niedernostheide, H.-G. Purwins, and E. Schöll, (Hrsg.), pp. 218--222, Wissenschaft & Technik Verlag, Berlin, 1996.
  6.   L. RECKE, D. PETERHOF, Abstract forced symmetry breaking, WIAS-Preprint No. 256, Berlin 1996.
  7.   L. RECKE, D. PETERHOF, Forced frequency locking in S-equivariant differential equations, WIAS-Preprint No. 257, Berlin 1996.
  8.   B. SANDSTEDE, Stability of multiple-pulse solutions, erscheint in: Trans. Amer. Math. Soc.
  9.   B. SANDSTEDE, C. K. R. T. JONES, J. C. ALEXANDER, Existence and stability of N-pulses on optical fibers with phase-sensitive amplifiers, erscheint in: Physica D.
  10.   B. SARTORIUS, M. MÖHRLE, S. REICHENBACHER, H. PREIER, H. J. WÜNSCHE, U. BANDELOW, Dispersive self-Q-switching in DFB Lasers, erscheint in: IEEE Journal of Quantum Electronics.
  11.   H. WENZEL, U. BANDELOW, H.-J. WÜNSCHE, J. REHBERG, Mechanisms of fast self pulsations in two-section DFB lasers, IEEE Journal of Quantum Electronics QE-32, No.1 (1996), pp. 69-79.



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Mon Feb 17 13:38:21 MET 1997